Kultur als Wegwerfprodukt
Bildrechte: Sandra Pappe, www.sandrapappe.de
Die Coronakrise hat die Abriss- und Neubaupläne für die Städtischen Bühnen vorerst ausgesetzt. Noch ist völlig unklar, wie es danach weitergeht. Nimmt die Stadtpolitik die Krise zum Anlass, die von der Petition zur Zukunft der Städtischen Bühnen eingeforderte Dsikussion über ein bedarfsgerechtes Kulturangebot endlich nachzuholen? Oder bleibt sie stur weiterhin auf einem Kurs, der die Interessen von Investoren über die der eigenen Stadtbevölkerung stellt?
Beides wäre möglich. Angesichts der Krise erscheinen die auf Wachstum und Städtewettbewerb ausgerichteten Pläne von Intendanz und privaten Investoren in geradezu grotesker Weise anachronistisch. Mehr denn je wäre es an der Zeit zu hinterfragen, für wen, wie viele und auf welche Weise Kultur angeboten werden soll: Nur einer zahlungskräftigen Elite oder allen BürgerInnen?
Petition zur Zukunft der Städtischen Bühnen
Bereits vor Corona forderte eine Petition, den nie erfolgten städtischen Diskurs zur Zukunft der Städtischen Bühnen endlich nachzuholen. Dies ist aber noch lange nicht die einzige Baustelle des mängelbehafteten Verfahrens um Frankfurts Schauspiel- und Opernhaus. Die angeblich größere Nachhaltigkeit der von der Stadt anvisierten Lösung ist ebenso fragwürdig wie die Kostenschätzungen oder der Umgang mit Baudenkmal und Kulturgut aus dem Besitz der Stadtgemeinschaft.
Von Corona nichts gelernt: Geldgeschenke für das Prestigeprojekt „Neue Altstadt“
Bisher scheint die Stadt aus der Coronaepidemie nichts gelernt zu haben. Das zeigt jedenfalls der Beschluss, ausgerechnet Lokalen in der „neuen Altstadt“ für zwei Monate die Miete zu erlassen. Warum gerade diese? Warum nicht den Mietern der städtischen Wohnbaugesellschaft oder den vielen kleinen Geschäften außerhalb des Dom Römer Areals, für die es vorher schon gerade so gereicht hat? Worin besteht in Zeiten von Reiseverbot und Aufenthaltseinschränkung bitteschön die Systemrelevanz rein auf Tourismus ausgerichteter Wirtschaftsbetriebe?
Investoreninteressen über Gemeinschaftswohl – Weiter so?
Die Uneinsichtigkeit, mit der Frankfurts Politik an gescheiterten Modellen klammert, lässt auch für die Bühnen das Schlimmste befürchten. Was passieren kann, wenn die Besitzer/Betreiber von Institutionen auf zu hochfliegenden Plänen beharren, haben FrankfurterInnen schon bei einstigen städtischen Wahrzeichen wie dem Henninger Turm erfahren. Statt kostspieliger Renovierung erfolgte der Abriss und ein „Wiederaufbau“ als Luxuswohnbauprojekt, das sich zum Original in Wertigkeit und Ähnlichkeit etwa so verhält wie ein PVC-Bodenbelag mit Holzmuster zum Eichenparkett.
Das riskante Spiel um ein Wetteifern mit Opernhäusern wie der Elbphilharmnonie könnte schlimmstenfalls auch auf ein Ende der Städtischen Bühnen hinauslaufen. Vom Wolkenfoyer bleibt dann mit viel Glück bestenfalls das Schicksal als Dekoelement für die nächste Luxusimmobilie zu dienen. Ich sehe schon den Immobilienprospekt vor dem geistigen Auge: „Im Herzen des ‚Palastquartiers an den Bühnen’, erinnert eine gläserne Vitrine mit dem Kunstwerk „Goldwolken“ an die ruhmreiche Vergangenheit dieser hochwertig ausgestatteten Wohnimmobilie in bester Stadtlage.“