Elefant im Raum: Klimakiller Bauboom. „Energetisches Dämmen“, Teil 4.

Bauen für den Leerstand
Bildrechte: Sandra Pappe, www.sandrapappe.de

Die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen im Bausektor konzentriert sich momentan vor allem auf die Vermeidung von Heizenergieverlusten. In der Bilanz der durch die Branche erzeugten Klimaschäden ist das aber nicht das größte Problem. Klimaschutzmaßnahmen für den Bau müssen tiefer greifen.

Verschwendete Heizenergie ist nicht das einzige Problem

Klimaschutzmaßnahmen, die mehr leisten als nur Heizenergieverluste zu vermeiden, sind bisher noch überwiegend der Eigeninitiative und Überzeugungskunst einzelner Architekten und Bauträger überlassen. Klimaschutzgerechte Architektur, die diese Bezeichnung auch verdient, beträgt deshalb bisher nur einen geringen Anteil am gesamten Bauvolumen. Das ist zu wenig für eine Branche, die global für ein Viertel aller CO2-Emissionen verantwortlich ist und an der Spitze des Ressourcenverbrauchs steht.

Die Fokussierung auf die Vermeidung von Heizwärmeverlusten lenkt von weiteren Klimaproblemen der Baubranche ab und liefert das willkommene Alibi, unbequemere Maßnahmen zu umgehen. Schließlich „tut man doch schon was fürs Klima!“ Der bedeutendste durch die Baubranche verursachte Klimaschaden steht dabei wie der sprichwörtliche Elefant im Raum: Der Schaden durch das Bauen an sich, potenziert durch den ungebremst anhaltenden Bauboom.

Bestandserhalt vor Neubau

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum wird als Argument missbraucht, das Neubauvolumen weiter zu steigern und damit Klimaschutz und Bezahlbares Wohnen geschickt gegeneinander auszuspielen. Dabei gehört Deutschland zu den Ländern, die von einer seit Jahrzehnten weitgehend konstanten Bevölkerungszahl profitieren. Der wirtschaftspolitisch bedingte Engpass an bezahlbarem Wohnraum könnte in weiten Teilen über eine entsprechende Umstrukturierung behoben werden. Allein ein Ende der Fehlbelegung von Sozialbauten schüfe auf einen Schlag mehr Wohnraum für Geringverdiener als alle dazu derzeit geplanten Neubauvorhaben zusammengenommen. Dennoch heizt die Immobilienwirtschaft den Bauboom weiter an und vernichtet ohne Not wertvolle Naturböden und Ressourcen.

Im Bemühen um die Begrenzung der Klimakatastrophe sollten Bestandserhalt, Leerstandsnutzung und Vergesellschaftung die erste Wahl sein, bevor überhaupt an Neubau gedacht wird. Die durch die mit der Überbauung von Naturräumen und den dort lebenden Arten verursachten Klimaschäden müssen dabei ganzheitlich betrachtet in die Klimabilanz des Baubooms eingerechnet werden.

Grey to Green bedeutet auch Primat Bestand

Vor wenigen Tagen hat die Partei „die Grünen“ beim Bundestag einen Antrag eingereicht, in dem die „Bauwende“ gefordert wird. Der Abriss und das „Wegwerfen“ von Gebäudesubstanz solle vermieden und die Weiternutzung „grauer Energie“ im Bestand unterstützt werden, heißt es dort unter anderem. Konkret wird gefordert, die „Nichtbaulösung an die erste Stelle“ der Planungsgrundsätze zu setzen. Die Erkenntnis, dass Grey-to-Green auch ein Primat des Bestandserhalts vor Abriss und Neubau bedeutet, ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

„Energetisches Dämmen“: Unvollkommene Maßnahme zum Klimaschutz

Teil 1: Überholtes Regelwerk und privatwirtschaftliche Interessen behindern Innovationen im Klimaschutz

Teil 2: Klimaschäden durch Kompensation: Gebäudeemission reduziert, Verkehrsemission erhöht

Teil 3: Der künstlich erzeugte „Widerspruch“: Klimagerecht und bezahlbar wohnen

Teil 4: Elefant im Raum: Klimakiller Bauboom

Hintergrundinformationen:

Antrag zur „Bauwende“

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